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Wo sein Wähnen Frieden fand
09.03.2016 um 11:19 Uhr von NordbayerischerDass Bayreuth heute überhaupt noch als Wagnerstadt gilt: Das ist, nicht zuletzt, das Verdienst von Manfred Eger
Die liebste Aufgabe war ihm das Unkrautjäten. Erst als Journalist und Kritiker, dann als Museumsleiter und Wagner-Forscher. Unkraut, das waren die vielen Un- und Halbwahrheiten, die mit den Jahren über Richard Wagners Leben und Werk gewuchert waren, gestützt auf Annahmen und Überlieferungen statt auf Tatsachen. Etwa die anfechtbare Theorie, Wagner habe seinen berühmten Tristan-Akkord aus einem Werk Franz Liszts gestohlen. Oder die Gründe, aus denen Friedrich Nietzsche sich vom Verehrer zum Gegner Wagners wandelte. Das beschäftigte ihn, damit wollte er aufräumen, sagen, was es aus seiner, aus Bayreuther Sicht dazu zu sagen gab.
Die Aufgabe: ?Die Wahrheit zu finden
Keine leichte Aufgabe in einem Umfeld, in dem Briefe verbrannt und Tagebücher weggesperrt werden, und in dem die Wahrheit oft weniger gilt als Eitelkeit und Allianzen.
Aber eine unfassbar spannende Aufgabe.
Manfred Eger, geboren 1927 in Wallenfels im Frankenwald, widmete ihr sein ganzes Leben, schrieb Artikel um Artikel, schrieb auch Bücher, hielt Vorträge, konzipierte Rundfunksendungen und Ausstellungen, eine nach der anderen. Erst am Schreibtisch in der Redaktion, dann in der Direktion seiner Museen, und schließlich im Dachzimmer seines Hauses in St. Georgen, wenn es sein musste, bis in die Nacht hinein. Es ging schließlich um etwas, um jemanden: Wagner.
Ohne ihn gäbe es weniger ?Museen in Bayreuth
Vieles von dem, was Bayreuth-Besucher heute vorfinden, geht auf Egers Wirken zurück: Das Richard-Wagner-Museum mit den Bühnenbildmodellen und dem „Klingenden Museum“. Das Jean-Paul-Museum, basierend auf der Sammlung Philipp Haussers, das einst im Erdgeschoss des Chamberlain-Hauses gegründet wurde. Und das Franz-Liszt-Museum, dessen Sammlung der Münchner Pianist Ernst Burger auf Egers Betreiben 1988 der Stadt Bayreuth verkaufte.
Der erste Teil von Egers Laufbahn begann in den 50er Jahren in der Redaktion der „Fränkischen Presse“. Nach seinem Studium und einer Promotion in Kunstgeschichte fing Eger bei der einen der beiden Bayreuther Tageszeitungen als Kulturredakteur und -kritiker an, vor allem die Festspielpremieren von Inszenierungen Wieland Wagners brachten ihn zum Schwärmen. Nach der Fusion zum Nordbayerischen Kurier teilte er sich das Kulturressort mit Erich Rappl. 1973 bot ihm Oberbürgermeister Hans Walter Wild eine Stelle an, die den zweiten Teil von Egers Karriere prägen sollte: die Leitung der Richard-Wagner-Gedenkstätte. Die Aufgabe, die er nun vor sich hatte: in Haus Wahnfried ein Museum einzurichten, auf einem von Stadt, Land, Bund und der Familie Wagner getragenen Fundament.
Er brachte den Bayreuthern Richard Wagner näher
Die Zwecke eines Museums hatte bisher die Wagner-Gedenkstätte in einem Seitenflügel des Neuen Schlosses erfüllt: Eingerichtet auf Führerbefehl in den 1930er Jahren, gegründet als Pilgerstätte und Gralsburg von der glühenden Nationalsozialistin Helena Wallem, nach Kriegsende geleitet von Joachim Bergfeld, der sich in der Wagnerforschung einen Namen gemacht hatte, einen größeren jedoch zuvor im Reichspropaganda-Ministerium, ein offenbar vernachlässigbares Problem im Nachkriegsbayreuth.
An Eger war es nun, die – überfällige – zeitgemäßere Sicht auf Richard Wagners Nachlässe zu garantieren und ein Museum einzurichten, das den Festspielgästen und auch den Bayreuthern auf Jahre hin umfassend den Mann, der Richard Wagner war, näherbringen würde. Das gelang. Bis 2010 war Egers Dauerausstellung in Wahnfried zu sehen, alle Bildunterschriften und Ausstellungstexte vom Museumsgründer selbst auf Schreibmaschine getippt, die letzten in der Nacht vor der Eröffnung am Tag der Premiere von Patrice Chéreaus „Jahrhundert-Ring“.
Bücher über Wagner, ?Nietzsche und Cosima
1993 übergab Eger die Museumsleitung an Sven Friedrich. Zum Kurier sagte er damals: „Es ist Zeit für mich zu gehen. Die Zeit des Unkrautjätens ist vorbei“ – und stürzte sich in neue Buchprojekte: über Wagner, Nietzsche, Cosima, über seine Heimatstatt Wallenfels im Frankenwald – und über das Wagner-Museum – das er nach der Erweiterung von 2010 bis 2015 gern noch besichtigt hätte, aber nicht mehr konnte. Bei seiner Beerdigung am Freitag vergangener Woche auf dem St. Georgener Friedhof erklang als letztes Stück der Karfreitagszauber aus „Parsifal“ als Schlussakkord eines von Wagner erfüllten Lebens. In dem er die Bayreuther als Journalist und Wissenschaftler immer wieder in sehr sympathischer Bescheidenheit daran erinnerte, an was für einem einmaligen Ort sie eigentlich wohnen. Dass die Stadt, die sehr angestrengt versucht, mehr zu sein als „nur“ Wagnerstadt, heute überhaupt noch als Wagnerstadt gilt: Das ist, nicht zuletzt, auch sein Verdienst.
Info zu seinen Büchern: „Wenn ich Wagnern den Krieg mache“ über das Verhältnis von Wagner und Nietzsche, „Bayreuther Profile“ mit Anekdoten über die Bayreuther Säulenheiligen und zuletzt erschien das Buch „Wagners Witz und Aberwitz“
Gedenkkerze
Christian & Dorli Tschauner
in freundschaftlichem Gedenken Chr & D